Alleingeburt

Alleingeburt Lilly – Ein Weg zwischen Zweifel, Angst und unendlicher Freude- März 2016

Freitagabend, 22:00 Uhr.

Die Wehen sind da. Regelmäßig. Stark. Es gibt keinen Zweifel mehr: Das Baby will kommen. Doch ich bin allein. Ganz allein. Kein Krankenhaus, keine Hebamme, keine Ärzte. Nur ich, mein Körper und die Entscheidung, die ich treffen muss.

Meine Gedanken spielen Ping Pong: Soll ich das wirklich allein machen? Was, wenn etwas schiefgeht? Was, wenn ich es nicht schaffe? Aber was ist die Alternative? Wieder in ein System zu gehen, in dem ich mich nicht wohlfühle? Ein System, das mir meine Freiheit nimmt? Ich sitze da und kämpfe mit mir selbst. Zweifel. Ängste. Und doch spüre ich tief in mir eine Stimme, die sagt: „Du kannst das.“

Die Entscheidung – ein Sprung ins Unbekannte

Samstag, 2:00 Uhr.

Es ist entschieden. Ich mache es allein. Egal, was kommt.

Plötzlich fühlt es sich an, als ob eine Last von meinen Schultern fällt. Freiheit. Eine Freiheit, die sich gleichzeitig unglaublich mächtig und erschreckend anfühlt. Keine Sicherheiten. Nur ich. Mein Mann bereitet das Badezimmer vor: Folien, Decken, alles, was wir brauchen könnten. Das Auto steht bereit, die Nummer des Notarztes ist griffbereit. Jetzt kann ich schlafen.

Und ich schlafe. Tief und fest. Die Entscheidung hat mir Ruhe geschenkt.

in neuer Morgen voller Stärke

4:00 Uhr.

Eine Wehe weckt mich. Ich bin erholt, stehe auf und ziehe mein pfirsichfarbenes Kleid an. Es gibt mir ein gutes Gefühl, ein bisschen Leichtigkeit inmitten des bevorstehenden Sturms. Ich laufe durchs Haus, atme die Wehen weg, lasse meinen Körper tun, was er tun muss.

Der Vormittag vergeht ruhig. Ich esse ein halbes Brötchen, trinke Wasser, versuche die Kraft zu sammeln, die ich bald brauchen werde. Die Wehen sind regelmäßig, aber nicht schmerzhaft. Immer wieder kommen Gedanken auf: Das wird doch nicht ewig dauern, oder? Zweifel nagen an mir, aber ich lasse sie nicht gewinnen.

Am Nachmittag gehe ich in die Wanne. Das warme Wasser beruhigt mich, hilft mir, loszulassen. Die Wehen werden intensiver, und doch habe ich das Gefühl, die Kontrolle zu behalten.

Der Übergang – wenn Angst und Mut verschmelzen

18:00 Uhr.

Die Wehen werden stärker, die Fruchtblase kommt immer tiefer. Ich taste sie – weich, ein Zeichen, dass es vorwärtsgeht. Das gibt mir Kraft, obwohl ich langsam an meine Grenzen komme. Jede Wehe fordert mehr von mir. Mein Mann sagt: „Komm lieber raus.“ Und er hat recht. Ich schaffe es gerade noch, mich aus der Wanne zu ziehen und mich über den Geburtsball zu lehnen.

19:30 Uhr.

Die Fruchtblase springt. Das warme Gefühl durchströmt meinen Körper. Mut. Kraft. Alles wird intensiver. Der Druck ist enorm, und doch fühlt es sich an, als ob mein Körper genau wüsste, was er tun muss. Ich ertaste den Kopf. Der Moment ist überwältigend – pure Angst und pure Freude gleichzeitig. Ich schaffe das. Ich bin so nah dran.

Das Wunder – Willkommen, Lilly

20:16 Uhr.

Der Kopf ist da. Meine Beine zittern, ich brauche eine Pause. Mein Mann steht hinter mir, bereit, unser Baby aufzufangen. Dann die letzte Wehe. Der Körper flutscht heraus. Und da ist sie. Lilly.

Ich nehme sie in meine Arme, und plötzlich ist alles vergessen. Die Schmerzen, die Zweifel, die Angst – all das weicht einer überwältigenden Freude. Sie ist so zart, so klein, so perfekt. Der Moment ist magisch. Wir holen die Kinder dazu, und alle stehen um uns herum. Freude. Staunen. Liebe. Gemeinsam entscheiden wir ihren Namen. Lilly. Ja, das passt. Das ist sie.

Nach der Geburt – Ein Gefühl von Vollkommenheit

Später kümmere ich mich um die Nachgeburt. Alles geschieht so natürlich, so ruhig. Die Plazenta löst sich, die Nabelschnur wird abgebunden und getrennt. Und ich? Ich bin überwältigt. Von Glück, von Stolz, von Dankbarkeit.

Ich habe es geschafft. Ohne Hilfe von außen. Nur ich, mein Körper und der Glaube, dass ich diese Kraft in mir trage.

Ein Geschenk des Lebens

Lillys Geburt hat mich verändert. Sie hat mir gezeigt, wie viel Stärke in uns Frauen liegt, wenn wir nur auf uns selbst vertrauen. Es war kein einfacher Weg – er war geprägt von Angst, Unsicherheit und vielen Zweifeln. Aber er hat mich zu einem Ort geführt, den ich mit Worten kaum beschreiben kann: Zu einer unendlichen Liebe und einem tiefen Vertrauen in die Natur und in mich selbst.

An alle, die überlegen, einen anderen Weg zu gehen: Höre auf dein Herz. Es wird dich leiten, auch wenn der Weg manchmal dunkel scheint. Du bist stärker, als du denkst.

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